Gütersteine im Fürstenberger Wald /Aa-Bachtal zwischen Marsberg und der Familie Westphalen (bei Wünnenberg in Westfalen)

Nach dem Bürener Grenzsteinweg waren wir mit Herrn Bernd Nolte aus Bad Wünnenberg verabredet. Herr Nolte Kenner des heimischen Fürstenberger Waldes, nordwestlich von Marsberg.
Er informierte mich, dass in diesem fürstlichen Privatwald die alte Grenze zwischen dem Bistum Paderborn und dem Erzbistum Köln, später dann zwischen dem napoleonischen Königreich Westfalen und dem Großherzogtum Hessen verlief. Es sind aus dem 18. Jahrhunderts 5 Grenzsteine auf dem Grenzweg vorhanden, die auf der einen Seite das große W für Westphalen und auf der Gegenseite das große A aus dem Wappen der alten Stadt Obermarsberg tragen. Dazu die laufende Nummer in römischer Ziffernschreibweise und die Jahreszahl 1779. Weiter steht auf dem Grenzsteinweg in der Nähe der Quelle der Kleine Aa ein sogenannter "Totenkopfstein". Der Ursprung dieses "Totenkopfsteines" ist nicht bekannt. Im Internet fand ich u. a. auch, dass in anderen Gegenden sogenannte "Totenkopfsteine" z. B. zur Abschreckung von Grenzsteinfrevlern aufgestellt wurden. Das kann aber hier aber auch einen anderen Sinn gehabt haben.


Nachfolgend ein Text den mir Herr Nolte freundlicherweise überlassen hat:
Aa-Stein - 475,1 m über NN und Totenkopf, zwei Höhenpunkt im Fürstenberger Wald
An der Südgrenze des Regierungsbezirks Detmold, dort wo die Gebiete der Städte Wünnenberg und Marsberg aneinander stoßen, liegt unterhalb des Liebfrauenberges auf der Gemarkung Fürstenberg ein Knotenpunkt von Forstwegen mit der Höhenmarke 475,1 m.
Hier verlief im Mittelalter der Verbindungsweg vom Augustiner-Chorherren Kloster Böddeken über Haaren, Fürstenberg, den Hassel, den Kellenscheid und den Eichberg kommend weiter über den Liebfrauenberg, dann den Berg hinab zum Kloster der Zisterzienser in Bredelar. Auf diesen Klosterweg trifft ein weiterer Weg, der vom Kloster Hardehausen über Blankenrode, Oesdorf, Essentho und den Totenkopf kommt. Nach kurzem gemeinsamen Verlauf über die Kuppe des Liebfrauenberg geht dieser Weg weiter über das Brautlicht nach Madfeld, Thülen und Brilon. Dieser Weg nutzt die Höhe der Wasserscheide von Rhein und Weser. Noch heute sind von diesen beiden alten Wegen die tief ausgefahrenen Wagenspuren vielerorts im Gelände zu verfolgen.
Der Weg von Essentho über den Totenkopf und das anschließende Bachtal, das zur Großen Aa entwässert, bildeten vom Mittelalter bis 1813 die Grenze, zunächst zwischen dem Bistum Paderborn und dem Erzbistum Köln, später dann zwischen dem napoleonischen Königreich Westfalen und dem Großherzogtum Hessen. Erst im vereinigten preußischen Westfalen wurde diese Staatsgrenze im Jahre 1815 aufgehoben. Sie blieb aber Kreis- und Regierungsbezirksgrenze.
Auf lokaler Ebene endete hier das bischöfliche Amt Wünnenberg, das die Herren Westphalen vom Paderborner Bischof als Lehen erhalten und in dem sie sich das Eigenterritorium ihrer Freiheit Fürstenberg aufgebaut hatten.
Als gegen Ende des 16. Jahrhunderts der Fürstbischof das Lehen zurückforderte, in der Hoffnung, einen höheren Gewinn aus dem Amt zu erhalten als aus dem Pfanderlös, da sträubten sich die Herren Westphalen mit Macht gegen dieses Ansinnen der Hofkammer zu Neuhaus. Vorsichtshalber zogen sie jedoch mit den Ältesten des Dorfes Fürstenberg am 20. und 21. Mai 1603 eine Schnade, um die Grenzen ihres Territoriums Fürstenberg festzulegen und damit einen Großteil ihrer Einkommensgrundlage zu retten.
Diese Fürstenberger Schnade ging die Aa hinauf, ferner auf die Kevelsbecke, dann auf Unser Lieben Frauen Born und die Mönche Eiggen hinauf zu dem Schnadstein an dem Eickweg, dem alten Klosterweg. So steht es in einer Urkunde. Erstmals wird ein Schnadstein, also Grenzstein, an dem alten Wegeknotenpunkt genannt.
Am 27. Juni 1613 lud eine hochrangige Regierungsdelegation bestehend aus dem Kanzler, Fürstbischöflichen Räten und Mitgliedern des Domkapitels zu Paderborn die Herren Westphalen zur Brilonwiese, der späteren Wünnenberger Schützenwiese bei der Großen Aa ein, um bestehende Streitigkeiten zwischen diesen und den Bürgern der Stadt Wünnenberg zu untersuchen. Es ging um die Waldbezirke Kellenscheid und Hassel. In diesen Distrikten verlangten die Wünnenberger das Recht, ihr Vieh zu hüten, die Schweine zur Mast einzutreiben und Holz zu sammeln und zu schlagen.
Die Herren Westphalen legten Protest dagegen ein, mussten aber nach Darlegung der gegensätzlichen Standpunkte in die Schnade einwilligen. So zogen die streitenden Parteien den Großen Aaberg hinauf bis dorthin, wo verschiedene Köhler einen Meiler geschlagen und aufgeschichtet hatten. Da die Anführer des Schnadezuges jedoch in die Irre gegangen waren, mussten ihnen die Köhler wieder den richtigen Weg weisen.
Als man dann über den Lieben Frauen Born hinaufzog zu einem Schnadestein, irrten sich die Schnadeführer erneut und bezeichneten endlich einen runden Kieselstein, der unter einer Buche ein wenig aus der Erde ragte, als Schnadestein. Der alte Förster Hermann Groven, der von dem Hofmeister Heinrich Westphalen befragt wurde, konnte jedoch nicht angeben, wieso der Grenzstein dorthin gekommen sei. Diese Unkenntnis der Schnadeführer provozierte einen erneuten Einspruch der Herren Westphalen. Der Schnadezug setzte trotz des Protestes seinen Weg fort über den Totenkopf weiter in Richtung auf die Quelle der Karpke.
In dem Vertrag vom 7.Februar 1656, der die Rückgabe des Amtes Wünnenberg an den Paderborner Fürstbischof regelte, wurden auch die Grenzen zwischen der Stadt Wünnenberg und der Herrschaft Fürstenberg endgültig festgeschrieben. Es blieben dies die Grenzen der Gemarkung Fürstenberg bis zur kommunalen Neugliederung im Jahre 1975. Die Huderechte der Bürger Wünnenbergs im Hassel auf Fürstenberger Gebiet wurden in den Separationsverhandlungen vom 28.10.1868 mit vier Morgen Ackerland auf dem Hasselfeld abgelöst und dort zu einer Grenzbegradigung zwischen Wünnenberg und Fürstenberg genutzt.
Aus dem Jahre 1677 ist ein weiteres Notariatsprotokoll erhalten, aus dem hervorgeht, dass die Westphalen mit den Einwohnern aus Padberg, Bredelar und Stadtberge eine Grenzziehung vornehmen wollten. Da die geladenen Parteien jedoch nicht erschienen, zogen die Westphalen ihre Schnade allein. Sie gingen von den Totenköpfen zum Lieben Frauen Born und weiter das Tal hinunter zur Großen Aa.
Am Ende des 18. Jahrhunderts einigten sich die Ratsherren von Stadtberge/Marsberg mit dem Reichsgrafen Clemens August, der das Vermögen der Westphalen verwaltete, über das Setzen von Grenzsteinen, die auf der einen Seite das große W für Westphalen und auf der dem Weg zugewandten Gegenseite das große A aus dem Wappen der alten Stadt Obermarsberg trugen. Dazu ließ man in den Sandstein laufende Nummern in römischer Ziffernschreibweise und die Jahreszahl 1779 meißeln.
Fünf dieser Grenzsteine stehen noch heute auf dem Erdwall, der die Grenze des Westphalen’schen Territoriums insbesondere für die Hirten und Holzsammler deutlich markieren sollte. Einer dieser Schnadsteine steht östlich des Wegekreuzes unterhalb des Liebfrauenberges.
Als der Lieutenant v. Clausewitz vom 11.Preußischen Infanterie Regiment im Jahre 1839 diesen Stein als besonderes topographisches Merkmal in die Urkarte 1:25 000 aufnahm, schrieb er ,,der A Stein", da er diesen Buchstaben auf dem Stein fand. Der Hilfstopograph Schwiegk, der 50 Jahre später für die Neuaufnahme des Messtischblattes verantwortlich zeichnete, schrieb ,,Aa-Stein". Vielleicht sah er die Quelle der Großen Aa nicht in Madfeld östlich der Straße nach Bleiwäsche an ihrem entferntsten und südlichsten Ursprung, sondern im Liebfrauen Born, der ca. 10 Meter höher liegt als jene Quelle. Seitdem jedenfalls findet sich in allen Folgeausgaben dieser Karte der Höhenpunkt ,,475,1 „Aa-Stein“.

Preußische Kartenaufnahme 1:25000 (1836 - 1850) –Uraufnahme- Blatt Madfeld wurde aufgenommen und gezeichnet im Jahre 1839 von v. Clausewitz, Lieutenant im 11. Infanterie Regiment
Folgende topographischen Merkmale sind in gleichem Schrifttyp aufgenommen wie der A Stein, der Todtenkopf, Vw.Wohlbedacht, Bumbams M., Pape's Haus, Glashütte, Ricke's Kreuz, Unterförster, Ziegel., Gerbrachts Hof, die Saamen Eiche, Nonnen Teich, das faule Bruch, Alte Hammer, Alte Schaafstall, Alte Hütte, Klus Kapelle, Alte Haus, Kloster Bredelar, Rösenbecker Mühle, Siebicke u.a.

Es kann angenommen werden, dass , der „Todtenkopf“ also ein Stein gewesen ist. Er lag im Grenzpunkt der Gemarkungen Fürstenberg, Obermarsberg und Essentho. Der Düdlingsbach entspringt hier auf 460 m Höhe, bildet die Gemarkungsgrenze zwischen Marsberg und Essentho und zerteilt den westlichen Berghang der Diemel in den Distrikt „Auf dem Brande“ im Essenthoer Wald und ,,Padberger Zunge“ im Obermarsberger Stadtwald. Diese Distriktsbezeichnungen stehen schon in der Urkarte von 1839.
Auf dem Blatt Madfeld mit dem Berichtigungstand 1980 ist die Signatur Denkmal, jedoch ohne Beschriftung, als topographisches Einzelzeichen eingetragen.

Dokumentenauszug

[1432 - 1459]
bofen allen Karenbecken hen dat hogeste uht und geit bofen den Hollent an berge hehr an ein stede,
dar plagen to staende twee steenen monike, de haben sich verloren, dar plagen vier marcke tho hope to gaende van dem berge, van Pattberg, van Bredeler und van dem Wünnenberge, van der stede, da die monike stunden, geit de snede dat hoheste uht, winte an unser leven Fruwen bom

1603 Mai 21/22
dann auf Unser Lieben Frauen Born, und die Mönche Eiggen hinauf an den Schnadstein an den Eickweg,
den Weg hinaus auf den Doiten Kopf, der in eine Eiche gehauen, oder Bergische Hoelle genannt, dort schnaden Bredelar, Westphalen und Thülen (Teullen),

1613 Juni 26 - 27 Wünnenberg
Außerdem nenne der Zettel bei der Mönche Eygen oder
zwei steinen Mönche, wo jetzt die Dodtenkopfe gezeigt werden, vier aneinanderstoßende Marken. (Dagegen protestieren die Westphalen)
Als man über den Lieben Frauenborn hinaufzog zu einem Schnadestein, irrten sich die Führer erneut und wiesen endlich einen runden Kieselstein, der ein wenig aus der Erde ragte, unter einer Buche als Schnadestein, wogegen die Westphalen protestierten und ein alter Förster, Herman Groven, der von Hofmeister Heinrich Westphal befragt wurde, nicht angeben konnte, wieso der Stein dorthin gekommen sei. Als man weiter an einem Ort ging,
wo verschiedene Totenköpfe in eine Eiche geschlagen waren, wo zuvor zwei steinerne Mönche gestanden haben sollten, protestierten die Westphalen gegen den Zettel, da die vom Berge erst entfernt grenzten. Weiter erhielt die Schnade auf den Kerbecker Spring, dann hinab nach Beffte.

Bilder von Herrn Nolte

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Meine Bilder der Aa-Steine und des Totenkopfsteines.

Bilder der Aa-Steine und des Totenkopfsteines

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