zum 1. Teil:
Grenzsteine der Lippischen Exklave Grevenhagen und dem Fürstbistum Paderborn bzw. dem späteren Königreich Preussen.
Im Internet fand ich hierzu einen Artikel:
GRENZEN UND GRENZSTEINE DER EHEMALIGEN LIPPISCHEN EXKLAVE GREVENHAGEN von Herbert Müller-Hengstenberg (verst. im Mai 2015)
aus "Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde. - 64 (1995) S. 69-73 : Ill., Kt.
(siehe nachfolgenden Text aus dem o. g. Buch, das ich mir beschafft hatte)
An Hand der Karten mit den "Historischen Grenzsteinen" herausgegeben vom OWL (Bezirksregierung Detmold) gab es ursprünglich 156 Grenzsteine. Ich bin bei dem ersten und zugleich dem letzten Stein auf dem Eggeweg kurz nach dem Bedastein (Kempen) Nr. 1/157 angefangen und bis zum Schwarzen Kreuz Nr. 16 gelaufen. Danach noch ein kurzes Stück bis Nr. 20/3 (Grevenhagen), wo ich nicht mehr weiter kam. Der einzige Letter-Stein den ich gefunden hatte, mit der Nr. 3 und den Buchsten L (für Lippe) und P (für Preussen) müsste die laufende Nr. 20 nach der Karte sein. Auf Grund der Unwegsamkeit im Gelände nach der Nr. 1/157 und Nr. 20/3 und fehlen der meisten Grenzsteine (laut o. g. Verfasser und des Grenzsteinfreundes Paul Oeinck) habe ich die weitere Suche in diesem Bereich abgebrochen.
Dann bin ich noch die Straße nördlich der Bahnstrecke Bahnhof-Himmighausen und fand folgende Steine: Nr. 75, Nr. 76, Nr. 77 (Nr. 78 fehlt), Nr. 79 (angenommen) und die Nr. III.
Oberhalb der Staße auf dem Kammweg fand ich noch die Nr. 132 mit der Nr. 131 (nur eine Zahl auf dem Stein).
Grenzsteine am Eggeweg
Grenzsteine nördlich Himmighausen-Bhf.
GRENZEN UND GRENZSTEINE DER EHEMALIGEN LIPPISCHEN EXKLAVE GREVENHAGEN (Text S. 69/71)
von Herbert Müller-Hengstenberg*
Südlich Leopoldstal, jenseits der alten lippisch-paderbornischen bzw. später -preußischen Grenze, die dort heute die Kreise Lippe und Höxter scheidet, liegt nahe der nach Bad Driburg führenden Straße der Ort Grevenhagen. Er stellte mit seinem Umland von 1607 bis 1969 eine lippische Exklave im früheren Bistum Paderborn, dann in Preußen und nach dem 2. Weltkrieg im nordrhein-westfälischen Kreis Höxter dar.
Wahrscheinlich war das den Namen Grevenhagen tragende, ursprünglich siedlungsfreie Waldgebiet den Grafen von Schwalenberg zugehörig und gelangte im 14. Jahrhundert an die Edelherren zur Lippe. Es gehörte zu einer Freivogtei im R.ium Steinheim-Nieheim-Vinsebeck-Sandebeck usw., in der den lippischen Grafen das Gogericht zustand. Der Name Grevenhagen dürfte also Wald (Hagen) des Gerichtsgrafen bedeuten.
Seit 1528 erschienen in Urkunden und Verzeichnissen hier Siedler als lippische Untertanen „am (zum) Grevenhagen" und „up der Hogen Breden". Sie saßen also in dem nun entstandenen Dorf Grevenhagen und dem etwas abseits gelegenen Hof Hohenbreden als Erbpächter mit dem Recht, dort weiteres Land zu roden, und betrieben teilweise ein Nebengewerbe. 1535 wurden sie erstmalig im lippischen Landschaftsregister genannt.
Graf Simon VI. zur Lippe (1563 - 1613) und Bischof Dietrich VI. von Fürstenberg zu Paderborn (1585 - 1618) tauschten 1607 diese lippische Freivogtei mit Ausnahme von Grevenhagen-Hohenbreden gegen paderbornische grundherrliche Rechte an anderer Stelle (*1) so dass dadurch die lippische Exklave Grevenhagen innerhalb des Paderborner Territoriums entstand. Dies bedingte eine genaue Grenzfestlegung. Übrigens war schon eine Zeitlang vorher in Verhandlungsprotokollen zwischen Lippe und Paderborn „Schnat und Hude" (Grenze und Gerechtigkeit der gemeinen Weide) bei Grevenhagen erwähnt worden.
In einem Vertrag vom 5./15. Juli 1658 über einen Teil der Grenze zwischen der Grafschaft Lippe (Graf Hermann Adolf 1652 - 1666) und dem Bistum Paderborn (Bischof Theodor Adolf von der Recke 1650 - 1661) von der Strothe bis zum Bellerberg m die seit 1607 lippische Exklave, das „territori(um) rifum] in dem dorf Grevenhagen vndt hoffe zur hohenbreden" auf acht Seiten enthalten.(*2); Darin steht unter anderem, daß vorher um Grevenhagen „gantz beschwerliche mißverstände vndt streit sich erreget" hatten. Bei der dann erfolgten Einigung wurden die „hauseren vndt ihren angelegenen haußgartten jetzt eingezeunet vndt bezircket". Damit war, wie aus einer weiteren Textstelle hinreichend zu erkennen ist, die Grevenhagener Grenze, die 1658 noch keine gekennzeichneten Grenzsteine besaß, bestätigt. Die üblichen Grenzbegänge an dem betreffenden lippisch-paderbornischen Grenzabschnitt wurden auch m dem genannten Vertrag festgeschrieben, „Jährlich ... von beiden seitenn die gräntze vndt schnadt zu beziehen, dieselbige in guter richtigkeit zu verwahren vndt ihren gnedigen herrn Prinzipalen davon allemahl schriftliche relation abzustatten". Für die lippische Landes- und Sozialgeschichte des 17. Jahrhunderts interessant sind die im Zusammenhang mit dem Grenzvertrag genau festgelegten Hoheitsrechte des Grafen zur Lippe und seiner „Succeßoren" in deutschen und lateinischen Bezeichnungen: „nebenst den ordinarijs praestationibus an hünern, eyern, korngefallen, hoffgerichts, Maltz vndt holzgeldt, dienst, Burchfeste vndt derogleichen, wie sie nahmen haben mögen, das jus ciundi, mandandi, pignorandi, exeqvendi, immittendi, Collecten, Landtschatz, auffbott, landtfolge, Landthüldigung, inqartierung, gleidt zu ertheilen, civilis et criminalis jurisdictio, vndt in Summa die gantze obrigkeit, vndt alle dauon dependirende actus territoriales".
In diesem Fall von den damals meist üblichen Rechten eines Territorialherren abweichend verblieb die „jurisdictio Episcopalis in Causis Ecclesiasticis et religionis", also die kirchlichen Rechte, bei den Paderborner Bischöfen, und die lippischen Grafen hatten „sich auch keines juris reformandi daselbsten anzumaßen".
Von den 1852 (*3); ausgewiesenen 157 Grenzsteinen ist heute nur noch ein kleiner Teil erhalten; sie stehen meist am ursprünglichen Ort. Interessant sind die wenigen Beispiele aus dem 18. Jahrhundert: die Steine Nr. 156 und 157 nahe des Kamms der Egge, die Nr. 1 und 11 auf der Egge am Eggeweg, unter deren bewaldetem Osthang Grevenhagen liegt. Sie tragen die Jahreszahl 1736 und einerseits die lippische Rose, andererseits ein Kreuz für Paderborn, entsprechend allen anderen lippisch-paderbornischen Schnatsteinen an der gesamten Südgrenze der alten Grafschaft Lippe (*4). Stein Nr. 1 auf dem nordwestlichen Grenzpunkt der Exklave Grevenhagen wurde ausnahmsweise dreiseitig gestaltet, eine Seite für Lippe und zwei für Paderborn. Von ihm aus zählen die entgegen dem Uhrzeigersinn die Exklave umrundenden Grenzsteine. Nahe des Weges nach Sandebeck und unterhalb des Gellenberges steht ein nicht mit Wappenteilen gekennzeichneter Stein mit der Läufernummer 147, der nach der Art seiner Steinmetzarbeit vielleicht auch aus dem 18. Jahrhundert stammen könnte.
Da die lippische Exklave seit 1803 (Säkularisation durch den Reichsdeputationshauptschluß) nicht mehr im Bistum Paderborn, sondern seit 1815 im Königreich Preußen lag, wurde auch die Grevenhagener Grenze in der preußischen Katasteraufnahme von 1852 genau dokumentiert. Später wurden in diesen Vermessungshandrissen handschriftliche Bemerkungen hinzugefügt, z. B. am 4. 12. 1866 und 20. 10. 1880 über geringfügige Änderungen der Grenzführung, - betroffen waren die Steine Nr. 38- 41, 69 - 71 und 103 -113-, oder 1905 über den Verlust des Grenzsteines Nr. 113.
Von den lippisch-preußischen Grenzsteinen des frühen 19. Jahrhunderts (Rose/Adler) gibt es z. B. noch einige am Eggeweg, an der Südgrenze, um Hohenbreden und westlich des Bahnhofs Himmighausen. Bei den letzteren trägt einer zur lippischen Rose eine römische IV. und andererseits zum preußischen Adler die ungewöhnliche, neuere Jahreszahl 1896; anscheinend wurde er für einen verloren gegangenen Grenzstein später eingefügt.
Nach den Aussagen von Einwohnern (1993) verschwanden angeblich durch Straßenbauarbeiten in den vergangenen Jahren alte Grenzsteine um Grevenhagen. Die noch vorhandenen müssen als wichtige steinerne Kleindenkmäler der lokalen Geschichte unbedingt erhalten bleiben.
* Anschrift des Verfassers: Herbert Müller-Hengstenberg, Merler Allee 4, 53125 Bonn
(Anmerkung: gestorben im Mai 2015)
*1 ; Helmut Riemann. Vom Ursprung der Gemeinde Grevenhagen, in: Lippischer Kalender 1953, S. 100 f.
*2 ; NW Staatsarchiv Detmold, Grenzverträge L l K XX/1 (Nr. 6) „Lippspringischer originalvergleich de anno 1658" (zugefügt „Juli 5/15"), auch „Original Lippspringischer Grentzvergleich de anno 1658", S. 13 -20.
*3 ; „Vermessungs-Handrisse der Königl. Preussischen und Fürstl. Lippisehen Landesgrenze vom Koeterberg bis Taubenteich einschliesslich der Exclave Grevenhagen 1852" (für Grevenhagen die Blätter 143 ff.), Katasteramt des Kreises Lippe, Kreishaus in Detmold.
*4 ; Vergleiche dazu die entsprechenden Beiträge in den Lippischen Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde, Bd. 54 (1995), S. 149 ff., S. 157 ff. und Bd. 60 (1991), S. 21 ff.
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